Zwischen Wüste und Wasser: Tabea Hertel in Jordanien
Wasserknappheit, Wüstenlandschaften und die Chance, wirklich etwas zu bewirken – Tabea Hertel, Projektingenieurin der Siedlungswasserwirtschaft, spiekermann ingenieure gmbh, nimmt uns mit auf ihren Einsatz nach Jordanien. Im Interview erzählt sie, warum das Arbeiten im Ausland schon immer ihr Ziel war, wie sie sich auf die kulturellen Unterschiede vorbereitet und warum die Wüste für sie eine besondere Faszination hat.
Tabea Hertel ist seit Anfang 2024 als Projektingenieurin bei spiekermann tätig. Nun nutzt sie die Gelegenheit, im Rahmen der international ausgerichteten Unternehmensgruppe für zwei Monate nach Jordanien zu reisen. Das Land gehört zu den wasserärmsten der Welt – genau dort wird Tabea am Projekt Electric Load Management in the Jordanian Water Sector mitwirken. Im Interview spricht sie darüber, was sie an Jordanien fasziniert, wie sie sich auf die neue Herausforderung vorbereitet und welche Erwartungen sie an ihre Zeit vor Ort hat.
Wie geht es dir heute, kurz vor deiner Reise nach Jordanien? Bist du schon aufgeregt?
Tabea Hertel: Mir geht es gut, danke! Ich bin wirklich gespannt und freue mich total auf die Reise. Jedes Mal, wenn ich daran denke, dass es bald losgeht, bekomme ich einen richtigen Endorphin-Schub. Es ist einfach ein großartiges Gefühl, bald wieder in Jordanien zu sein!
Das heißt, du warst schon mal in Jordanien?
Ja, ich war tatsächlich schon einmal in Jordanien. Während meines Auslandssemesters habe ich sechs Monate in Amman gelebt und dort tolle Erfahrungen gemacht. Meine Verbindung zu Jordanien begann schon 2015, als ich im International Office meiner Uni arbeitete, das das Austauschprogramm mit Jordanien organisiert hat. Ich war im Buddy-Programm aktiv, habe ehrenamtlich gearbeitet und dabei viele jordanische Studierende kennengelernt und betreut. Daraus sind enge Freundschaften entstanden, die mir meinen Aufenthalt unglaublich angenehm gemacht haben. Ich wurde herzlich aufgenommen, und die Kultur ist besonders für Expats sehr einladend.
War das Arbeiten im Ausland schon immer ein Ziel von dir oder kam diese Chance eher unerwartet?
Die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten, hat mich schon immer begeistert. Nach dem Abitur habe ich einen Freiwilligendienst in Panama gemacht, der mich in meiner Entscheidung bestärkt hat, in die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu gehen.
Darauf aufbauend habe ich mein Studium in der Wasserwirtschaft gezielt auf internationale Zusammenarbeit ausgerichtet. Bereits während meines Bachelorstudiums habe ich mich mit einem Projekt in Äthiopien beschäftigt und meine Abschlussarbeit darübergeschrieben. Für meinen Master habe ich ein internationales Programm in drei verschiedenen Ländern absolviert, einschließlich Auslandspraktika in Panama und den Niederlanden. Diese vielfältigen Erfahrungen haben mich auf eine Karriere in internationalen Projekten vorbereitet.
Mein Weg zu spiekermann war dabei ziemlich zielgerichtet. Ich wollte in einem Unternehmen arbeiten, das nachhaltige und internationale Projekte umsetzt. Dirk Joormann, der stellvertretende Geschäftsbereichsleiter Wasser und Umwelt, hat mich im Bewerbungsgespräch überzeugt, weil er selbst jahrelang im Ausland tätig war und eine klare Vision für den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit bei spiekermann hat. Trotz weniger aktueller internationaler Projekte gibt es großes Potenzial, das wir weiterentwickeln möchten.
spiekermann zeichnet sich durch ein vielfältiges Team aus, besonders in der Wasserwirtschaft. Kollegen und Kolleginnen aus Palästina, Indien, Thailand, Russland und Syrien bereichern unsere Abteilung in Düsseldorf. Wir hatten lange ein Team in Gaza, das uns unterstützte, mussten die Zusammenarbeit aber aufgrund der aktuellen Lage einstellen. Glücklicherweise konnten wir eine neue Kooperation in Ägypten aufbauen.
Mein Einsatz im Büro in Jordanien stärkt die internationale Ausrichtung von spiekermann und unsere Integration in die Projekte der Dorsch Global. Dank der Unterstützung von Kolleginnen wie Frauke Goldmann und Maria Scheday konnte ich mich optimal auf diesen Schritt vorbereiten.
Kannst du uns mehr über deine Rolle bei spiekermann und das konkrete Projekt in Jordanien erzählen?
Gerne. Ich werde an einem Projekt mit dem Titel „Electric Load Management in the Jordanian Water Sector“ beteiligt sein, in Zusammenarbeit mit der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit). Ziel des Projekts ist es, den jordanischen Wassersektor energieeffizienter und kostengünstiger zu gestalten. Im Mittelpunkt stehen dabei Maßnahmen zur Laststeuerung, die eine bessere Integration erneuerbarer Energien ermöglichen und Betriebskosten senken sollen.
Meine genaue Rolle wird sich vor Ort konkretisieren, aber meine Beteiligung wird darauf abzielen, die Projektarbeit gezielt zu unterstützen. Da das Projekt gerade anläuft, werde ich voraussichtlich bei der Ist-Analyse der Wasser- und Anlageninfrastruktur in Jordanien unterstützen sowie in der Zusammenarbeit mit lokalen Stakeholdern eingebunden sein. Langfristig wird das Projekt technische und finanzielle Machbarkeitsstudien für Laststeuerungssysteme erstellen, und die Erarbeitung einer Roadmap zur Umsetzung dieser Strategien. Außerdem hoffe ich, die Gelegenheit zu bekommen, mich auch in anderen Projekten, insbesondere im Bereich der Abwasserbehandlung, einzubringen.
Wasserknappheit ist ein zentrales Thema deiner Arbeit. Wie beeinflusst diese Herausforderung den Ansatz vor Ort?
Jordanien gehört zu den wasserärmsten Ländern der Welt. In Kombination mit begrenzten Ressourcen und steigenden Energieanforderungen steht das Land vor immensen Herausforderungen. Gleichzeitig müssen die Wasserressourcen grenzübergreifend betrachtet werden, was oft diplomatisches Geschick erfordert, wie beispielsweise bei Lösungsansätzen gegen das Absinken des Toten Meeres. Besonders in einem solchen Kontext finde ich es spannend, an Lösungen zu arbeiten, die nicht nur technisch funktionieren, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich sinnvoll sind.
Der Nexus-Ansatz, der im internationalen Wassermanagement immer zentraler wird, verbindet Wasser-, Energie- und Umweltfragen – genau wie das Projekt, an dem ich mitwirken werde. Mich fasziniert dabei, wie interdisziplinäre Ansätze helfen können, nachhaltige Lösungen zu finden.
Was fasziniert dich persönlich an Jordanien – und gibt es bestimmte Dinge, auf die du dich freust?
Ich habe die Schönheit von Wüstenlandschaften für mich entdeckt – diese Weite und Stille sind einfach faszinierend und strahlen eine Ruhe aus, die ich sehr schätze. Amman, die weiße Stadt am Berg ist wunderschön, mit ihrer bergigen Landschaft und den Sandsteinhäusern. Der Ruf des Muezzins und das lebendige Stadtleben dort vermitteln eine ganz besondere Atmosphäre, die so anders ist als in Deutschland. Ich freue mich darauf, den Beginn des Ramadans mitzuerleben, die arabische Küche zu genießen und alte Freundschaften aus meiner Zeit dort wieder aufleben zu lassen.
Wie bereitest du dich auf die kulturellen Unterschiede und möglichen Herausforderungen vor deiner Reise vor?
Da ich schon einmal in Jordanien war, kenne ich einige kulturelle Besonderheiten und Unterschiede. Ich finde es wichtig, respektvoll mit den lokalen Gepflogenheiten umzugehen. Ich möchte auch an meinen Arabischkenntnissen arbeiten, um mich noch besser integrieren zu können. Aus meinen bisherigen Erfahrungen habe ich gelernt, flexibel zu bleiben und offen auf neue Situationen zu reagieren – das hat mir immer sehr geholfen. Und ich muss sagen, als Expat hat man schon einen gewissen Puffer. Die Jordanier sind sehr verständnisvoll, und wenn einem Mal ein kleiner Fauxpas passiert, wird das meistens entspannt gesehen.
Sprache stellt oft eine Herausforderung dar. Wie gehst du damit um?
Die Sprache ist definitiv eine Herausforderung. Ich spreche leider kaum Arabisch, obwohl ich schon drei Arabischkurse besucht habe – musste ich jedes Mal wieder mit dem Alphabet angefangen. Vor Ort möchte ich die Gelegenheit nutzen und es noch einmal versuchen, vielleicht auch berufsbegleitend einen Kurs machen. Durch meinen Freundeskreis, in dem einige Arabisch sprechen, verstehe ich schon einiges, aber die Aussprache fällt mir noch schwer. Das ist etwas, woran ich unbedingt arbeiten möchte, um mich besser verständigen zu können.
Wirst du etwas aus Deutschland vermissen, während du in Jordanien bist?
In den zwei Monaten werde ich wahrscheinlich nichts groß vermissen. Bei längeren Aufenthalten würde mir aber sicher deutsches Brot und die wechselnden Jahreszeiten fehlen – das sind so Klassiker, die einem oft erst bewusstwerden, wenn man länger weg ist.
Hast du spezielle Erwartungen an die Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern in Jordanien?
Ja, ich erwarte eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern. Es ist wichtig, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die den spezifischen Bedürfnissen vor Ort entsprechen. Ich hoffe, dass wir durch unsere Arbeit und den Austausch von Wissen und Erfahrungen nachhaltige Verbesserungen im Wassermanagement erreichen können. Eine gute Kommunikation und ein respektvoller Umgang sind dabei essenziell, um erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
Was erhoffst du dir von dieser Erfahrung, sowohl beruflich als auch persönlich?
Ich sehe diese Erfahrung als eine großartige Chance, das Potenzial von spiekermann weiter auszubauen und internationale Projektarbeit zu stärken. Mein Einsatz in Jordanien wird dazu beitragen, die Zusammenarbeit mit dem dortigen Büro zu intensivieren und langfristig den Austausch mit Dorsch Global zu vertiefen. Für mich ist es eine hervorragende Möglichkeit, spannende Projekte voranzutreiben und mein Wissen im Wassermanagement zu erweitern. Ich freue mich darauf, auch von Deutschland aus aktiv an diesem Projekt mitzuwirken und an innovativen Lösungen zu arbeiten.
Darüber hinaus freue ich mich sehr, alte Bekannte wiederzutreffen und in eine Region zurückzukehren, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin überzeugt, dass diese Zeit für mich bereichernd sein wird – sowohl durch das Wiedersehen mit vertrauten Menschen als auch durch das Eintauchen in die Kultur vor Ort. Diese Erfahrung verspricht für mich nicht nur neue berufliche Einblicke, sondern auch wertvolle persönliche Momente.
Fotos: © Tabea Hertel